Woher die guten Wünsche der Bundesregierung für Ottes sog. neues Hambacher Fest stammen
Seit einigen Tagen zitiert Max Otte, Initiator und Veranstalter des sog. neuen Hambacher Festes, auf der Startseite der zugehörigen Website an prominenter Stelle „Gute Wünsche … von Mitgliedern der Bundesregierung und Abgeordneten des Bundestages“ zu seiner Veranstaltung.

Man kann erstaunt lesen, dass etwa der stellvertretende Vizepräsident des Deutschen Bundestags, Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU), „ein tolles Fest“ wünscht.
In Wirklichkeit führt Otte Miniaturzitate aus offensichtlichen Absagebriefen an, in denen ihm und seinem „Fest“ ein „guter Erfolg“ gewünscht wird, eine übliche Floskel, mit dem eine MitarbeiterIn im entsprechenden Büro der PolitikerIn gewohnt ist, abzusagen.
Was für eine durchsichtige, um nicht zu sagen schäbige Tour dieses „notorischen Selbstdarstellers“ (Herfried Münkler) ist es, so Aufmerksamkeit mit prominenten Politikern des Bundespolitik zu heischen.
Auf der anderen Seite wundert man sich durchaus, dass Otte von drei Mitgliedern der derzeitigen Bundesregierung (Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft; Prof. Dr. Helge Braun, MdB, Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramts; Thomas Bareiß, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie), dem schon erwähnten Vizepräsident des Deutschen Bundestags und weiteren 12 Mitgliedern des Deutschen Bundestages von CDU/CSU und FDP solche Gute-Wünsche-Briefe erhalten hat. Wie naiv müssen diese PolitikerInnen doch sein, wenn bei einer Einladung von Max Otte keine Alarmglocken wegen seiner Unterstützung der AfD läuten – oder finden sich unter den „Grußadressaten“ vielleicht auch solche, die – wie CDU-Mitglied Otte – die eigene Partei für eine Koalition mit der AfD öffnen wollen?
Gegen die „Systemparteien“
In einem Interview in der Sendung „Pelzig hält sich“ (ZDF 2015) erklärt Otte, dass die „Systemparteien“ Deutschlands vor dem herrschenden „Finanzfaschismus“ (!?) „kapituliert hätten“. Zu den „Systemparteien“ zählt er CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis90/Die Grünen.
Den Begriff der „Systemparteien“ übernimmt Otte aus der nationalsozialistischen Propaganda. „Systemparteien“ waren für die NSDAP diejenigen Parteien, die in unterschiedlichen Koalitionen die Regierungen in der Weimarer Republik stellten, also insbesondere die SPD und die bürgerlich-konservativen Parteien wie die Deutsche Demokratische Partei (DDP), die Zentrumspartei oder die Deutsche Volkspartei (DVP). Die Nationalsozialisten wollten mit dem Begriff der Systempartei nicht nur diese Parteien in der Regierung ablösen, sondern das ganze „System“ der Weimarer Republik denunzieren. Und sie zerstörten es, sobald sie 1933 an die Macht gelangten. Sie verwendeten in ähnlich abwertender Absicht etwa auch die Begriffe „Systempresse“, „Systemzeit“, oder „Systempolitiker“.
Wer heute an dieser nationalsozialistisch kontaminierten Begrifflichkeit anknüpft, weckt den Verdacht, dass er auch für das „System“ der Bundesrepublik Deutschland mit ihrer freiheitlich-demokratischen Verfassung nichts übrig hat.
Nun ist Max Otte selbst Mitglied einer von ihm so geschmähten „Systempartei“, der CDU. Dass er ein rein taktisches Verhältnis zu dieser Mitgliedschaft hat, zeigt sich in dem schon erwähnten Interview der Sendung „Pelzig hält sich“. Wir zitieren die entsprechende Passage (Transskript des Interviews auf Basis der über Youtube verfügbaren Sendung durch uns):
BARWASSER (Pelzig): „Wieso sind Sie dann noch in der CDU? … [Lachen im Publikum] … Die Aktie hält man dann noch, oder? … [Otte macht eine Kopfbewegung, als ob er das auch nicht so genau wisse] … Sie sind ja noch CDU-Mitglied, ne? Aber im Kopf frei?“
OTTE: „Ja, bin ich wohl, aber im Kopf frei, was ich wähle, steht ja auch nirgends, das ist ja geheim in Deutschland, … [Spricht den Satz nicht zu Ende.]
BARWASSER: „Aha, es könnt‘ sein, dass Sie CDU-Mitglied sind, aber was anderes wählen?“
OTTE: „Ja, … aber wir haben geheime Wahlen, das ist so … Das ist ja auch ein gewisser Selbstschutz. Solange man mich nicht rauswirft, ist es ja ganz schön da.“
BARWASSER: „Aha … Was ist bei der CDU jetzt schön?“
OTTE: „Naja, man kann Dinge sagen, die man vielleicht nicht mehr sagen könnte, wenn man diesen Schutz nicht mehr hätte. Jetzt ärgern sich die Parteifreunde, aber den Otte rauszuschmeißen, ist ja auch nicht so einfach.“
BARWASSER: „Sie sind ein Hund, ja? Aha … dann könnten Sie auch bei der SPD Mitglied sein? Aber Sie wollen mehr die CDU ärgern?“
OTTE: „Tatsächlich wär‘ der Unterschied nicht so groß, rein politisch gesehen“.
Max Otte genießt die Aufmerksamkeit, die sich aus seinem AfD-Kurs innerhalb der CDU speist. Ihn als Dissidenten der CDU zu bezeichnen, wäre schon zu viel der Ehre. Würde er aus der CDU aus und in die AfD eintreten, wäre dies ein konsequenter, ehrlicher Schritt, aber Max Otte verlöre seinen „Oppositionsstatus“, der ihn für die Medien interessant macht. Das kann Max Otte nicht wollen. Das ist die gleiche Provokationsstrategie, mit der er versucht, die demokratische Tradition des Hambacher Festes von 1832 zu kapern. Auch das ist reichlich billig und durchschaubar.
(URWI)