Reichsbürgertreffen in Karlsruhe am 26.7.2025

Aktionen in Karlsruhe gegen den Reichsbürger-Aufmarsch – mit einem Update vom 26.7.2025

Reichsbürger Aufmarsch verhindern
Karlsruhe 26.7.2025

Wer sich mit dem „Rechtstrend“ in der Gesellschaft auseinandersetzt, kann leicht den Überblick verlieren. Das kann man auch in Neustadt an der Weinstraße bei den Aufmärschen zum und den Veranstaltungen auf dem Hambacher Schloss studieren. Wer hat sich da nicht schon alles zusammengetan: Rechtsoffene Mitglieder der CDU, AfD-Parteiprominenz, Querdenker, Impfgegner und Coronaleugner, Verschwörungserzähler, Crash-Propheten, friedensbewegte Russlandfreunde oder (Sozial-)staatsgegner. Das scheint auf den ersten Blick nicht immer zusammen zu passen – nur etwas eint diese Szene: die Gegnerschaft zur bundesrepublikanischen Demokratie. Manche setzen dabei noch auf Wahlen und Koalitionen, andere vertreten mehr oder weniger offen die Einschätzung, dass Wahlen keine Chance für einen „Systemwechsel“ mehr böten. Was dann? Ein gewaltsamer Putsch?

Bei dieser Frage kommen nicht nur die mehr oder weniger militanten Nazi-Kleinstparteien (Die Heimat, ehemals NPD, oder der Dritte Weg) und „autonome“ Nazi-Kameradschaften ins Spiel, sondern auch Reichsbürger. Sie kennen die Bundesrepublik Deutschland nicht an. Leute dieser Gesinnung (und mit entsprechenden Symbolen und Fahnen) sind an den Hambacher „Rechts-Demonstrationen“ seit einigen Jahren nicht nur beteiligt, sondern sie gehören mittlerweile (oder schon immer?) zum aktiven Kern, zum Sprecherkreis der Neustadter Gruppe Freieinig, die auch in diesem Jahr an Pfingsten bundesweit zu einer Demonstration auf’s Hambacher Schloss geworben hat. Mit mäßigem Erfolg.

Kristian Buchna, der wissenschaftliche Geschäftsführer der Stiftung Hambacher Schloss, hat die Beziehung zwischen der Neustadter Gruppe Freieinig und der Reichsbürger-Szene mit Akribie und umfangreichen Material in einem Vortrag vor dem Neustadter Stadtrat belegt. Der Hambach-Blog hat darüber ausführlich berichtet.

In einem „Offenen Brief“ vom 4.6.2025 hat Freieinig auf die Ausführungen von Kristian Buchna reagiert. Wenig überzeugend. Ich beschränke mich nur auf das Thema „Nähe zur Reichsbürgerbewegung“.

In dem Offenen Brief von Freieinig wird u.a. erläutert, dass „jemand von uns“ auf die Reichsbürger Versammlung nach Heilbad Heiligenstadt gefahren sei, „um uns ein eigenes Bild zu machen“. In Heiligenstadt fand im April 2025 das letzte „Staatsvolktreffen“ der „25 + 1 Bundestaaten“ des Deutschen Kaiserreichs statt. Klar, es sprichts nichts dagegen, wenn man sich „ein Bild machen“ will von den unterschiedlichen Bewegungen, die es so gibt. Die Frage darf allerdings gestellt werden, wie das im konkreten Fall gemacht wurde. In diesem Fall ist man rund 350 km gefahren, um dann in einer Trommlergruppe in der Demonstration der „Kaisertreuen“ mitzumarschieren. Darunter der Sprecher von Freieinig, Karl-Friedrich Rothe. Angeführt wurde die Trommlergruppe von Wolfgang Burkard, wohlbekannt von vielen Freieinig-Kundgebungen auf dem Freigelände des Hambacher Schlosses und Teil der AktivistInnen um Freieinig.

Reichsbürgertreffen Heilbad Heilgenstadt Trommler Wolfgang Burkard und Karl-Friedrich Rohte
Beim Reichsbürgertreffen am 12.4.2025 im Heilbad Heiligenstadt. Es trommeln Wolfgang Burkard und Karl-Friedrich Rothe von Freieinig (Screenshot)

Im Offenen Brief vom 4.6.2025 wird ihm ein ganzer Abschnitt gewidmet, es sein ein aufrechter Demokrat, der auf dem Boden des Grundgesetzes stünde. Aber die gut belegte Kritik gegen ihn wird keinesfalls widerlegt: Burkard hält das Grundgesetz für ein Besatzungsstatut, eine der zentralen Glaubensätze aller Reichsbürger. Und folgerichtig will er nicht nur das Grundgesetz abschaffen, sondern das ganze „System“. Entsprechend hat er am 13.8.2023 auf dem Hambacher Schlossgelände in einer „bewegenden Rede“ die Sicherheitskräfte von Polizei und Militär aufgefordert, den Befehl zu verweigern. Der Hambach-Blog hat darüber berichtet.

Das riecht verdammt nach einem Aufruf zu einem Putsch oder Staatsstreich. Eine Einzelmeinung bei Freieinig? Keineswegs.

Wieder gibt Karl-Friedrich Rothe die Linie vor: „Du bist der authentischste Streiter in unserer Mitte. Jeder von uns bewundert dich. Wir tun alles für dich. Mit dem was du uns zu geben hast, bist du hier an der richtigen Stelle.“ So am 25.2.2024 auf dem Gelände des Hambacher Schlosses zu Obertrommler Burkard.

Nun findet am kommenden Samstag, 26.7.2025, in Karlsruhe in der Serie der „Staatsvolktreffen“ der „25 +1 Bundesstaaten“ eine weitere Kundgebung mit (Trachten-)Umzug statt.

Es wäre fast ein Wunder, wenn Burkard, Rothe und andere aus der Neustadter Freieinig-Szene am kommenden Samstag nicht auch in Karlsruhe dabei wären – mit oder ohne Trommel.

Es wäre fast ein Wunder, wenn Burkard, Rothe und andere aus der Neustadter Freieinig-Szene am kommenden Samstag nicht auch in Karlsruhe bei dem Reichsbürger-Umzug dabei wären.

Der SWR meldet, vermutlich basierend auf Zahlen der Polizei, dass das Reichsbürgertreffen etwa 350 TeilnehmerInnen aus der ganzen Bundesrepublik umfasste, die Gegenkundgebung etwa 200 Demonstrierende. Vor Tagen haben wir geschrieben „es wäre fast ein Wunder, wenn Burkard, Rothe und andere nicht auch in Karlsruhe dabei wären“. Dieses „Wunder“ ist nicht eingetreten. Sie waren dabei. An der Spitze des Zugs in der Trommelgruppe Wolfgang Burkard und Karl-Friedrich Rothe. Außerdem war der in der Rhein-Neckar-Region und auch auf Hambach aktive „Katzenmensch“ Ergün Küm bei der Reichsbürgerversammlung.

Die Wochenzeitung Kontext berichtet in ihrer Ausgabe vom 30.7.2025 unter dem Titel „Mit Kaiser gegen Staatssimulation“ über die Reichsbürger-Kundgebung und Demonstration am 26.7.2025.

Netzwerk Karlsruhe gegen Rechts

Das breit aufgestellte Netzwerk Karlsruhe gegen Rechts, das seit 2014 besteht, ruft zu einer Gegenkundgebung und Demonstration auf. Karlsruhe gegen Rechts schreibt dazu:

„Am 26.07.2025 wollen ‚Reichsbürger‘ in Karlsruhe das sogenannte ‚Treffen der 25+1 Bundesstaaten‘ abhalten. Unter dem Motto ‚Gemeinsam für Heimat und Weltfrieden‘ wird bundesweit nach Karlsruhe mobilisiert. ‚Reichsbürger‘ glauben, dass die BRD ein noch von den alliierten Kräften besetzter Staat ist, und fordern ‚wieder deutsche Kontrolle‘ und die Rückkehr einer ‚Reichsregierung‘ zur Verwaltung des Gebiets in den Grenzen des deutschen Reiches. Zudem treten sie offen geschichtsrevisionistisch auf. Die Bewegung ist geprägt von rechtsextremen, antisemitischen und esoterischen Ideologien und ist mit der Neonaziszene vernetzt. Nach der Kundgebung der ‚Reichsbürger‘ steht ein Flaggenumzug durch unsere Stadt an. Das werden wir nicht unwidersprochen hinnehmen.

Beteiligt euch deshalb zahlreich an Protesten gegen den Reichsbürger-Aufmarsch.

Den rechten Umtrieben in unserer Stadt keinen Meter!“

Zwei umfangreiche Dossiers des Karlsruher Netzwerkes liefern vertiefendes Material zu dieser Szene: 192a , 192b .

Bündnis Demokratie und Menschenrechte Karlsruhe - Logo

Auch das breite, zivilgesellschaftliche und überparteiliche Bündnis für Demokratie und Menschenrechte Karlsruhe, das 2024 gegründet wurde, erklärt, dass das Gedankengut der Reichsbürger in Karlsruhe keinen Platz hat! „Karlsruhe hält dagegen – kreativ, klar und entschlossen.

Das Bündnis unterstützt die Aktionen des Netzwerks Karlsruhe gegen Rechts. Darüber hinaus rufen einige Mitglieder des Bündnisses zu kreativen Aktionen bereits am Freitag oder am Samstag auf:

Offene Plakat-Werkstatt am Freitag 25.7. ab 14 Uhr in der Staatlichen Kunsthalle

Bereits am Vortag (25. Juli) lädt die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe in die Junge Kunsthalle (Hans-Thoma-Str. 4) zur offenen (Plakat-) Werkstatt für Demokrat*innen ein. Zwischen 14 und 16 Uhr können dort alle Karlsruher*innen ihre Plakate und Botschaften für die Aktionen und Demonstration am Samstag kreativ gestalten und vorbereiten.

Schauspiel: Der Reichsbürger am Freitag 25.7. 19:30 im Staatstheater

Mit klarem Blick und kluger Zuspitzung beleuchtet das Theaterstück „Der Reichsbürger“ von Annalena und Konstantin Küspert die Denkweise, Rhetorik und Radikalisierung eines Milieus, das lange unterschätzt wurde. Und es stellt eine unbequeme Frage: Wie nah sind uns solche Gedanken tatsächlich? Wo beginnt die Abkehr von demokratischen Prinzipien?

Ein aufrüttelnder Theaterabend im Badischen Staatstheater am Vorabend (25. Juli, 19.30 Uhr) der Reichsbürger-Kundgebung in Karlsruhe, der dort bohrt, wo es weh tut – und zum Nachdenken zwingt.

Am Samstag: (Keine) Flagge zeigen beim Badischen Landesmuseum

Auch das Badische Landesmuseum beteiligt sich: Am Tag der Reichsbürger-Kundgebung wird auf dem Karlsruher Schloss – welches unfreiwillig zur Kulisse der Reichsbürger-Versammlung wird – nicht wie üblich die badische, sondern die bundesdeutsche Flagge gehisst. Hintergrund: Die badische Flagge wird von einigen Reichsbürger-Gruppen als Symbol vereinnahmt. So wird den Rechtsextremen ein besonderes Postkartenmotiv „verhagelt“. Darüber hinaus ist gemeinsam mit dem Landesmuseum ein Social-Media-Takeover des Bündnisses geplant, um auch digital für demokratische Werte einzustehen.

Am Samstag um 14 Uhr: Der Kaiserplatz wird zum „Platz der Republik“

Die Landesvereinigung Baden in Europa lädt am 26. Juli um 14 Uhr zu einer Aktion auf dem Kaiserplatz ein und erklärt diesen für einen Tag zum „Platz der Republik“. Das Reiterdenkmal auf dem Platz wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Eine ursprünglich geplante Verhüllung des kaiserlichen Denkmals kann aus denkmalschutz- und versammlungsrechtlichen Gründen leider nicht umgesetzt werden, dennoch wird es in die Inszenierung einbezogen – unter anderem mit einem 6 Meter breiten Straßenschild! Karlsruher*innen sind eingeladen, mit eigenen (Straßen-) Schildern rund um das Denkmal Zeichen zu setzen. Kurze Redebeiträge zum historischen und politischen Kontext ordnen die Aktion ein.

bunt und laut Karlsruhe

Außerdem wird bei dieser Aktion auf dem „Platz der Republik“ (ehemals Kaiserplatz) die großartige Musikgruppe bunt&laut aufspielen, die auch schon an Pfingstsonntag im Rahmen des „Solidarischen Frühlings – Neustadt ‘25“ in Hambach und am 13.7.2025 beim 8. Kulturfest bei Schiller in Mannheim gespielt hat.

Und noch ein Hinweis: Die Karlsruher Lokalzeitung „Badische Neueste Nachrichten“ (bnn) haben ein informatives Reichsbürger-ABC zusammengestellt.

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