Schon lange gibt es Versuche von rechts, die Bezugnahme auf das Hambacher Fest von 1832 zu instrumentalisieren. Auch dieses Jahr organisiert die Neustadter Gruppe Freieinig wieder ein „Initiativen-Treffen“ am Pfingstsamstag in der Innenstadt von Neustadt und an Pfingstsonntag ein vermutlich wie immer mit Trommeln begleiteter Marsch auf das Hambacher Schloss. Was sind das für Leute und warum ist es richtig und wichtig politisch gegen sie aufzutreten?
In ihrer Eigenbeschreibung geben sie sich harmlos. „Wir sind eine friedliche und parteiunabhängige Zusammenkunft von Menschen. Jede Form von gewaltbereiter, extremistischer Links- oder Rechtsradikalität lehnen wir ab.“ Daran sind mehr als Zweifel angebracht. Drei Beispiele:
Offen für das Kungeln mit Reichsbürgern
„Reichsbürger“ lehnen das Grundgesetz und die staatlichen Institutionen der Bundesrepublik ab. Bei Versammlungen von Freieinig und deren Vorgängern waren immer wieder die Fahne des Kaiserreichs (Schwarz-Weiß-Rot) oder die Fahnen von längst verschwundenen Fürstentümern zu sehen. Regelmäßig führte der Reichsbürger Wolfgang Burkard aus Lorsch bei den Aktionen von Freieinig die Trommlergruppe an. Burkard behauptet etwa, dass das Grundgesetz ein Besatzungsstatut sei und Deutschland von „Menschenrechtsverbrechern“ regiert würde. Am 13.8.2023 forderte er auf dem Hambacher Schlossgelände Bundeswehr und Polizei auf, die Befehle zu verweigern, ihren Eid auf die Verfassung zu brechen.
In der aktuellen Diskussion um ein AfD-Verbot, wird oft darauf abgehoben, dass das Grundgesetz nicht Ideen und Überzeugungen sanktioniere. Es müsse eine „aktiv kämpferische Haltung“ eingenommen werden (etwa Christian Rath in der taz vom 19.5.2025). Die Aufforderung an die Sicherheitskräfte die Befehle zu verweigern, würde vermutlich als eine solche „aktiv kämpferische Haltung“ von Gerichten bewertet. Nun ist der Obertrommler aus Lorsch keine Partei, die es zu verbieten gilt. Ihn aber als „aktiv kämpferischen“ Feind des Grundgesetzes und unserer Demokratie zu bezeichnen, ist gut begründet.
Wo Burkard die Trommel schlägt, da sind auch die Leute von Freieinig mit dabei.
Ob er zur Gruppe Freieinig gehört, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass er regelmäßig auf Versammlungen und Märschen von Freieinig die Trommel schlägt. Und Freieinig selbst, angeblich die Verteidiger des Grundgesetzes, lässt keinerlei Distanzierung zu Reichsbürgern wie Wolfgang Burkard erkennen. Es ist vielmehr so: Wo Burkard die Trommel schlägt, da sind auch die Leute von Freieinig mit dabei.
Immerwährende deutsch-russische Freundschaft – ein Segen für den Frieden in Europa?
Am 19.10.2024 zogen Freieinig und Freunde wieder einmal auf das Hambacher Schloss. Es sollte um Frieden gehen. Gepriesen wurde die deutsch-russische Freundschaft. Wenn Deutschland und Russland Freunde seien, so gehe es Europa gut, habe Bismarck gesagt.
Dazu fällt Karl-Friedrich R., einer der Sprecher von Freieinig, die Völkerschlacht bei Leipzig von 1813 ein. „Deutschland“ habe dort gemeinsam mit Russland siegreich gegen Napoleon „für die Freiheit“ gekämpft. Nur am Rande sei richtiggestellt: Es war nicht Deutschland, das an der Seite Russland stand, sondern Preußen. Aber für die Freiheit?
Das Ergebnis dieser großen europäischen Kriege des frühen 19. Jahrhunderts war die Restauration der Fürsten-, Königs-, Kaiser- und Zarenherrschaft und die verschärfte Unterdrückung nationaler, liberaler und demokratischer Kräfte. Dagegen hatten sich 1832 die TeilnehmerInnen am Hambacher Fest aufgelehnt. Man sieht daran wie verlogen und geschichtsklitternd die Bezugnahme von Freieinig auf das Hambacher Fest von 1832 ist.

Und zählt Freieinig zur „deutsch-russischen Freundschaft“ auch den Hitler-Stalin-Pakt von 1939? In der Folge dieser „Freundschaft“ wurde Polen zwischen der Sowjetunion und Nazi-Deutschland aufgeteilt. Kein Segen für den Frieden in Europa!
Dass man sich mit verqueren Ansichten auf die Geschichte bezieht, aber zum aktuellen Krieg Russlands gegen die Ukraine auf einer „Friedensdemo“ am 19.10.2024 kein Wort verliert, ist bezeichnend.
Teilnahme an einer Gedenkfeier für eine Holocaustleugnerin
Am 7.12.2024 fand in Wiesloch eine Gedenkfeier für die im November verstorbene, mehrfach verurteilte und mit Gefängnis bestrafte Rechtsextremistin und Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck statt. Sie behauptete u.a. der Volksverhetzungsparagraf im Strafgesetzbuch sei ein „Gesetz zum Schutz einer Lüge“ oder im Vernichtungslager Auschwitz habe es keine Massenvernichtung von Menschen gegeben (ARD 26.6.2024, weitere Äußerungen von Ursula Haverbeck im Urteil des Landgerichts Detmold vom 28.11.20217 Ns-21 Js 814/16-44/17).
Der Redner in Wiesloch hielt Haverbeck „für die mutigste deutsche Frau“, die er je kennen gelernt habe. Dieses Land brauche Leute wie Haverbeck. „Da wo du aufgehört hast, werden wir weitermachen.“ (https://www.youtube.com/watch?v=TpbPgtYdVEY, https://www.youtube.com/watch?v=54cTQZy8WfY)
An dieser Gedenkfeier für eine Holocaustleugnerin nahmen Stephanie M. und Karl-Friedrich R., Sprecherin und Sprecher der Neustadter Gruppe „Freieinig“, teil. Wie hieß es in der Selbstbeschreibung von Freieinig: Wir lehnen jede Form extremistischer Rechtsradikalität ab. Kein Wort sollte man nach diesem Tabubruch Stephanie M., Karl-Friedrich R. und Co. glauben.
Kristian Buchna in einem Interview zu den rechtsoffenen Versammlungen am Hambacher Schloss von Freieinig und Co.
Buchna: Sie „stilisieren sich unter Berufung auf 1832 zu Verfolgten und Opfern einer ‚Diktatur‘, um ihren Protest als eine historisch legitimierte Widerstandshandlung aufzuwerten. Zugleich verbreiten sie Verschwörungstheorien, um die politische Ordnung sowie ihre Institutionen und Akteure zu delegitimieren.
DÜW-Journal: Welches Muster erkennen Sie bei jenen Versammlungen, die seit Juli vergangenen Jahres alle 14 Tage durch Hambach hinauf zum Schloss ziehen?
Buchna: … Die Mehrheit sieht sich … als Widerstandsbewegung, die sich – ich zitiere jeweils führende Köpfe – im ‚Krieg‘ gegen eine ‚Parteiendiktatur‘ befinde. In verschwörungstheoretischer Manier wird behauptet, dass die deutsche Bevölkerung von einem ‚mächtigen, global vernetzten Feind‘ mit einem ‚perfiden Plan‘ angegriffen werde; die Bundesregierung betreibe mittels Fernsehfrequenzen eine ‚psychoelektronische Kriegsführung‘ und ihre Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie werden als ‚Völkermord‘ bezeichnet.
DÜW-Journal: Lässt sich jene Gruppierung politisch verorten?
Buchna: Mit althergebrachten Etiketten kommt man nicht weit. Auffällig ist allerdings, dass es keinerlei Distanzierung von radikal antidemokratischen Personen, Positionen und Symbolen gibt.“
Interview mit Kristian Buchna (Stiftung Hambacher Schloss) in: DÜW Journal Ausgabe 1/2024 Februar/März, S. 19).
Ulrich Riehm, Freundeskreis Hambacher Fest 1832

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