Rückblick auf die Ereignisse am Pfingstsonntag – Teil 2

„Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.“ GG Art. 8

Dies ist der zweite Teil eines dreiteiligen Rückblicks auf Pfingstsonntag, 28.5.2023. Auf der Festwiese versammelten sich „einige Tausend“ weiß verkleidete Demonstranten und Demonstrantinnen, die dem Aufruf „Genug ist genug“ eines Unternehmers aus Neustadt gefolgt waren. In Teil 1 wurde geschildert, wie dieser Tag ablief, wie viele Teilnehmer gezählt wurden (2.800), und dass sich unter den Teilnehmern Leute aus der Reichsbürgerszene einfanden, die die Fürstentürmer des 19. Jahrhunderts in Sachsen und Thüringen wiederherstellen wollen.

In diesem zweiten Teil wird auf die (verwaltungs-)rechtlichen Auseinandersetzungen um die Demonstrationsroute eingegangen und die Frage aufgeworfen, ob eine Verbotsverfügung gegen diese Querdenker, Putinfreunde und Staatsverächter eine geeignete Strategie ist.

In einem dritten Teil werden die politischen Strömungen und Fraktionierungen in der weißen „Widerstandsbewegung“ einer näheren Betrachtung unterzogen.


Reichsgesetzblatt von 28.4.1849 mit der Reichsverfassung

Bereits Artikel VIII, § 161 der „Paulskirchenverfassung“ von 1849 garantierte im Grundrechtekatalog die Versammlungsfreiheit:

„Die Deutschen haben das Recht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln; einer besonderen Erlaubnis dazu bedarf es nicht. Volksversammlungen unter freiem Himmel können bei dringender Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit verboten werden.“

Artikel VII, § 161 der Paulskirchenverfassung von 1849

Fast wortgleich findet sich diese Formulierung auch im Grundgesetz in Artikel 8.

Doch kaum ein Grundrecht gilt uneingeschränkt, auch wenn das die „Wahrheits-Bewegung“, wie sich die Weißen und ihre „Follower“ gerne selbst nennen, suggerieren wollen. Wenn auf einen Platz nicht die Zahl der angemeldeten Personen passt, kann die Versammlung dort auch nicht stattfinden. Das ist Physik. Oder wenn es Sicherheitsprobleme gibt, weil nicht genügend Fluchtwege eine schnelle Räumung ermöglichen – etwa bei einer ausbrechenden Panik (Szenario Loveparade 2010 Duisburg!) – müssen andere Orte gefunden werden. Schließlich muss die Versammlung friedlich verlaufen, und es dürfen aus ihr heraus keine Straftaten verübt werden.

Herr K. hatte im Dezember 2022 eine Versammlung für den 28.5.2023 vom Marktplatz in Neustadt auf das Hambacher Schloss für 10.000 Personen bei der Ordnungsbehörde in Neustadt angemeldet.

Diese erließ auf Grundlage des Versammlungsgesetzes im April 2023 eine Verfügung („Auflagen“) mit einem alternativen Start- und Zielort. Die Begründung der Ordnungsbehörde, wie man es einer Pressemitteilung der Stadt Neustadt vom 19.5.2023 entnehmen kann, lautet:

Ungefähre Demonstrationsroute von der Festwiese zur Dammstraße und zum Hambacher Schloss

In den schmalen Straßen und Gassen der Altstadt, in Hambach und auch auf dem Schlossgelände gäbe es keine ausreichenden Rettungs- und Fluchtwege. Bei Notfällen wären Feuerwehr und Rettungsdiensten die Zufahrt unmöglich oder sie blieben in einer „tröpfelnden Menschenmasse“ stecken. Damit könnten Menschen in Not nicht oder nur mit einem nicht vertretbaren Zeitverzug geholfen werden. Die Versammlung könne aber auf dem Parkplatz Festwiese in der Neustadter Innenstadt beginnen und auf dem Parkplatz Dammstraße im Ortsteil Hambach enden.

Der Freundeskreis Hambacher Fest von 1832 hat bei der Stadt Neustadt um die Überlassung des vollständigen Wortlauts der Verfügung gebeten, um über die Pressemitteilung hinaus sich mit der Begründung der Stadt eigenständig auseinandersetzen zu können. Die Herausgabe dieses Dokuments wird nun nach dem Landestransparenzgesetz (LTranspG) geprüft, ob evtl. Rechte Dritter betroffen sein könnten. Sollte die Verfügung nach dieser Prüfung zur Verfügung gestellt werden und sich daraus neue Gesichtspunkte der Beurteilung ergeben, dann werden wir auf dem Hambach-Blog darüber berichten.

Es scheint aber schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt nachvollziehbar, dass eine Versammlung auf dem Wendehammer unterhalb des Schlosses mit 10.000 Personen nicht darstellbar ist.

Dass die Gründe der Stadt nicht völlig aus der Luft gegriffen waren, darauf deutet auch das Verhalten von Dr. Kochanek selbst hin. Dieser kündete zwar mehrfach öffentlich an, dass er gegen die städtischen Auflagen juristische Schritte einleiten würde, bei diesen Ankündigungen blieb es dann aber auch. Er bzw. seine juristischen Berater erwarteten für einen gerichtlichen Einspruch wohl keinen Erfolg.

Kochanek erklärte aber auch, dass er sich an die Auflagen der Stadt nicht halten und in jedem Fall mit seinen Leuten auf das Schloss ziehen werde.

Das war die Situation gut 10 Tage vor Pfingstsonntag.

Demonstrationsverbot – ein zu großer Knüppel auf einen großmäuligen Anmelder

Am 19.5. untersagt die Stadt Neustadt die Demonstration der „Weißen“. In der Mitteilung der Stadt vom 19.5.2023 heißt es u.a.:

„Die Stadt Neustadt an der Weinstraße hat eine für Pfingstsonntag, 28. Mai 2023, angemeldete politische Versammlung untersagt, da sie die öffentliche Sicherheit und den Schutz von Gesundheit, Leib und Leben der Teilnehmenden als auch unbeteiligter Bürgerinnen und Bürger hochgradig gefährdet sieht. Unter dem Motto ‚Deutschland steht auf‘ hatte ein Neustadter einen Aufzug mit 10.000 Teilnehmenden vom Marktplatz zum Hambacher Schloss angemeldet. Aus Platz- und Sicherheitsgründen sind aber weder Start- und Zielort, noch die Aufzugsstrecke für so viele Menschen geeignet.“

Aus der Pressemitteilung der Stadt Neustadt vom 19.5.2023

Der Anmelder und Versammlungsleiter habe mehrfach öffentlich und auch direkt gegenüber der Stadt mitgeteilt, dass der Anmelder sich nicht an die Auflagen der Stadt für eine alternative Demonstrationsroute halten werde.

Auch hier ist uns die „Unterlassungsverfügung“ im Wortlaut nicht bekannt. Aber es ist durchaus die Frage zu stellen, ob die Stadt Neustadt mit diesem „Demonstrationsverbot“ juristisch wie politisch gut beraten war.

Juristisch sind mit gutem Recht die Hürden für ein Versammlungs- oder Demonstrationsverbote sehr hoch gesteckt. So hatten etwa die in der Corona-Pandemie anfänglich erlassenen allgemeinen Versammlungsuntersagungen nach Klagen vor Gerichten keinen Bestand.

Politisch sendet die „Demokratiestadt Neustadt“ mit einem Demonstrationsverbot ein fragwürdiges Signal. Während die erlassenen Auflagen für viele nachvollziehbar sind und vermutlich auch vor Gericht Bestand gehabt hätten, bietet das Demonstrationsverbot den Gruppierungen, die Deutschland auf dem Weg in eine Diktatur sehen, unnötige Argumente. Und die Stadt legt nahe, dass sie nicht über die Mittel verfügt, eine Demonstration von einigen Tausend TeilnehmerInnen, von denen gewalttätige Aktionen in der großen Mehrheit nicht zu erwarten waren, in sichere Bahnen zu lenken, die die Auflagen vorgegeben haben.

Statt Verbot kritischer Disput

Das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Versammlungsrecht gilt auch für querdenkende Impfgegner, Freunde Putins oder libertäre Unternehmer, selbst für Fürstentums-Nostalgiker, Verschwörungserzähler und die Gegner unserer Verfassung.

Es ist klar, dass die Ordnungsbehörde der Stadt in solchen Verfahren „neutral“ agieren muss. Aber die politische Stadtspitze, der Oberbürgermeister, könnte durchaus mit guten Argumenten politisch Stellung beziehen, dass in der „Demokratiestadt“ Neustadt die mit braunen Streifen durchmischte weiße Bewegung nicht willkommen ist! Der OB hätte dabei den Stadtrat an seiner Seite, der sich 2020 und 2022 in einer Erklärung mit großer Mehrheit bzw. einstimmig gegen „die Vereinnahmung des Hambacher Festes von 1832 und des Hambacher Schlosses durch radikale, nationalistische und demokratiefeindliche Kreise wendete.“

Wehrhaft ist diese Demokratie nicht in erster Linie durch Verbote, sondern durch den kritischen Disput mit den Feinden der Demokratie und ihren Mitläufern.

In diesem Sinne positionierte sich die Stiftung Hambacher Schloss in einer Pressemitteilung vom 26.5.2023 klar:

„1832 forderten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Hambacher Festes unter anderem die Versammlungsfreiheit. 191 Jahre später ist eben dies Ausdruck unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Die Stärke und Überlegenheit unserer Demokratie in einer offenen und bunten Gesellschaft zeigt sich gerade daran, dass sie den Meinungsstreit zulässt und Minderheiten schützt. Meinungsfreiheit bedeutet jedoch nicht Widerspruchsfreiheit. Die Stiftung Hambacher Schloss verurteilt jegliche Versuche, unseren freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat durch Verschwörungstheorien, systematische Falschinformationen oder unverantwortliche historische Vergleiche zu delegitimieren.“

Pressemitteilung der Stiftung Hambacher Schloss vom 26.5.2023

Das Fraport-Urteil und das Neustadter Verwaltungsgericht

Als Kochaneks Anwalt eine Woche vor Pfingstsonntag gegen das Versammlungsverbot beim Verwaltungsgericht Widerspruch einlegte und „einstweiligen Rechtsschutz“ beantragte, endete dies in einem doppelten Desaster.

Offensichtlich hatte das Verwaltungsgericht in außergerichtlichen Gesprächen der Stadt Neustadt signalisiert, dass sie das Versammlungsverbot bei einer gerichtlichen Entscheidung aufheben, also für nicht rechtens erklärten würde. Die Stadt hob daraufhin ihre Unterlassungsverfügung auf. Sie hatte auf die falschen Rechtsberater gehört. Ein Triumpf für die „Weißen“.

Die Stadt Neustadt gibt allerdings in einer Mitteilung an den Hambach-Blog vom 27.6.2023 eine andere Begründung für die Aufhebung des Demonstrationsverbots:

„Den Ausschlag gegeben hat die Bereitschaft des Anmelders, die Teilnehmerzahl auf 1.500 auf dem Schlossgelände zu reduzieren und im Übrigen seine (durch den Rechtsanwalt geförderte, erstmalig erkennbare) Kooperationsbereitschaft. Angesichts dessen wäre die Aufrechterhaltung des Versammlungsverbots nicht mehr verhältnismäßig gewesen.“

Mitteilung der Stadt Neustadt an den Hambach-Blog vom 27.6.2023

Das ist zwar eine nette Geschichte, aber richtig plausibel klingt sie nicht. Sollte dem Hambach-Blog noch Einsicht in die Verbotsverfügung gewährt werden, wird man hierzu Genaueres sagen können. Völlig überraschend war ja, vermutlich für mehr oder weniger alle Beteiligten, dass Kochaneks Demonstrationszug, begrenzt auf 1.500 Teilnehmende, nach der außergerichtlichen Einigung sogar auf das Gelände des Hambacher Schlosses ziehen durfte. Bisher ging man in Neustadt davon aus, dass die Stiftung das Hausrecht für die Gebäude und das Gelände besitzt und dieses gegen unwillkommene Demonstranten in Anschlag bringen könnte.

Dass dies möglicherweise eine Fehlannahme war, liegt am sog. Fraport-Urteil, das vermutlich vom Rechtsanwalt Kochaneks ins Spiel gebracht wurde (Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22.2.2011).

In diesem Urteil wird u.a. damit argumentiert, dass Unternehmen, die maßgeblich in der öffentlichen Hand sind, in besonderer Weise an die Garantie von Grundrechten (hier: Versammlungsrecht) gebunden seien. Auch die Stiftung Hambacher Schloss wird getragen von der öffentlichen Hand (Rheinland-Pfalz und andere Gebietskörperschaften). Es wird im Urteil weiter argumentiert, dass öffentlich zugängliche Bereiche, wie die Abfertigungs-, Warte- und Shoppinghallen eines Flugplatzes, mit öffentlich zugänglichen Straßen etc. vergleichbar und deshalb in gleicher Weise für Versammlungen geeignet seien.

Die Übertragbarkeit des Fraport-Urteils auf die Stiftung Hambacher Schloss wäre juristisch zu überprüfen, aber vier Tage vor Pfingstsonntag war offensichtlich eine solche Überprüfung oder gar Infragestellung nicht mehr realistisch. Die Annahme, dass die Stiftung auf ihrem Gelände das Hausrecht hätte, fiel wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Laut Mitteilung der Stadt Neustadt behalten sich die Stadt und die Stiftung Hambacher Schloss zukünftig eine rechtliche Prüfungen vor.

Das Verwaltungsgericht teilte dann am 25.5.2023 mit:

„Eine gerichtliche Entscheidung über diesen Eilantrag [des Versammlungsanmelders] ist nicht mehr erforderlich, weil sich die Beteiligten im Rahmen einer von ihnen durchgeführten Besprechung geeinigt und den Rechtsstreit danach für erledigt erklärt haben.“

Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Neustadt vom 25.5.2023

Weiter heißt es, dass die Stadt und der Versammlungsleiter einen Weg der Demonstration von der Festwiese zum Parkplatz Dammstraße vereinbart hätten. Von dort aus könnten maximal 1.500 Teilnehmer auf das Gelände des Hambacher Schlosses ziehen. So in etwa verlief dann auch der Sonntag (siehe Teil 1).

Pfingstsonntag vor und auf dem Schlossgelände

Nach diesem Paukenschlag erklärte die Stiftung Hambacher Schloss, das das Schlossgebäude am 28.5. geschlossen, das Schlossgelände aber von 10:00 bis 15:00 für BesucherInnen zugänglich bleibe. (Pressemitteilung vom 26.5.2023)

Wenn dann aber einer kleinen Gruppe von Personen, die weiße T-Shirts trugen, sonntagmorgens wegen ihrer weißen Kleidung ein Besuch des Schlossgeländes untersagt wird, ist das nur peinlich. Unverständlich ist auch, warum bereits vor 14 Uhr von der Polizei der Zugang zum Schlossgelände verhindert wurde, egal ob die Einlass Begehrenden weiß oder bunt gekleidet waren.

Generell war die Polizeitaktik darauf ausgerichtet, die Weißen und die Gegendemonstranten auf dem Wendehammer am Schloss strikt voneinander zu trennen und auf Distanz zu halten. Selbst Diskussionen zwischen beiden Gruppen oder die Übergabe von Flugblättern wurde polizeilich verhindert. Warum dies so war, ist schleierhaft. Miteinander reden und Argumente austauschen, hat selten geschadet.

„Gewalt-Projektion“ ohne jegliche Grundlage

Möglicherweise hängt dies mit einer „Gewalt“-Projektionen auf die Gegendemonstranten zusammen. In der Pressemitteilung der Stadt vom 19.5.2023 hieß es etwa:

„Die enge Bebauung ließe überdies nicht die erforderliche Polizeibegleitung zu, um für einen geregelten und ungestörten Ablauf des Aufzugs zu sorgen. Auch im Wald könne der Aufzug wegen der Unübersichtlichkeit des Geländes nicht vor Störungsaktionen oder auch körperlichen Angriffen geschützt werden.“

Aus der Pressemitteilung der Stadt Neustadt vom 19.5.2023 [Hervorhebung der Autor]

Auf Nachfrage bestätigt die Stadt Neustadt diese Gewaltphantasie mit Verweis auf Einschätzungen der Polizei:

„Das Auftreten gewaltbereiter Personen konnte im Vorfeld nach Einschätzung der Polizei nicht ausgeschlossen werden.“

Mitteilung der Stadt Neustadt an den Hambach-Blog vom 27.6.2023

Das klingt so ein bisschen wie: Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Mond auf die Erde fallen könnte.

Auch Kochanek verkündete auf der Festwiese, dass die 900 Polizisten zum Schutz der weißen VersammlungsteilnehmerInnen da sei und berichtet an späterer Stelle seines Vortrags, dass in den Verhandlungen mit der Stadt von „möglichen Angriffen der Antifa“ die Rede war. Die Stadt ginge davon aus, so Kochanek auf der Festwiese, dass die Antifa versuchen würde, die 10.000 Teilnehmer der Weißen Demonstration zu provozieren. Die Polizei könne die öffentliche Sicherheit nicht garantieren.

Aber Kochanek hält dieses Bedrohungssituation durch „ein paar Hanseln, denen noch nicht einmal der Bart gewachsen ist“ für absurd. „10.000 Unternehmer“ (!), auch wenn sie etwas älter seien, ließen sich bestimmt nicht von diesen „verprügeln“. Kochanek teilte weiter mit, dass der Richter am Verwaltungsbericht Neustadt es als erwiesen ansah, dass die Stadtverwaltung durch die nachträgliche Genehmigung der Gegendemonstration die von ihr in den Raum gestellte Krawall-Prognose erst selbst herbeigeführt habe. Diese Behauptung von Herrn K. will die Stadt Neustadt auf Nachfrage nicht bestätigen.

Zum Schutz gegen wen, fragt sich da der durchaus informierte Beobachter. Es gab weder von Seiten der Weißen noch von den Gegendemonstranten (gerne als „Antifa“ tituliert) irgendwelche Hinweise oder Indizien, dass mit gewalttätigen Aktionen zu rechnen sei.

Wurde von der Stadt der Popanz „antifaschistischer Gewalt“ aufgebaut, um zunächst das Verbot der Weißen-Demo und – nachdem dieses aufgehoben wurde – das restriktive Vorgehen gegenüber den Gegendemonstranten auf dem Wendehammer und auf dem Schlossgelände zu legitimieren?

Denn diese waren in einem engen Carré von Gittern und Polizeibussen eingekastelt, so dass selbst die Sicht auf die weißen Schlosswanderer nur sehr eingeschränkt möglich und die Bewegungsfreiheit der „bunten“ Demonstranten weitgehend unterbunden war.

Blick vom Schlossberg auf die versammelten Weißen bei der „Preisverleihung“ auf dem Schlossgelände (Foto: privat)

Äußerst fragwürdig und vermutlich juristisch nicht haltbar war der Platzverweis vom Schlossgelände einer Gruppe von maximal 10 Personen während der Versammlung der Weißen. Kochanek zelebrierten dort eine „Preisverleihung“. Überraschend wurde dabei Markus Krall als Spender des Preisgeldes für Michael Ballweg genannt. Als daraufhin von etwas oberhalb von einigen Schlossgeländebesuchern gerufen wurde „Krall ist ein Faschist“, verwies die Polizei nach Rücksprache mit dem Ordnungsbürgermeister der Stadt Neustadt diese Personen vom Schlossgelände. Die Rufe stellten eine Störung der Versammlung der Weißen dar. Das Gegenargument, dass das Fraport-Urteil ausdrücklich solche Meinungsäußerungen zulasse und eine Versammlung durch Rufe aus einer gewissen Entfernung ohne akustische Verstärkung und von nur kurzer Dauer keinesfalls als Störung zu klassifizieren sei, wurde nicht als stichhaltig angesehen. Wurde bei dieser Entscheidung des Ordnungsbürgermeisters und der Polizei die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ausreichend berücksichtigt? Eher nein!

Ulrich Riehm, Freundeskreis Hambacher Fest von 1832

Im dritten Teil werden die politischen Strömungen und Fraktionierungen in der weißen „Widerstandsbewegung“ einer näheren Betrachtung unterzogen.