Deutsches Patent- und Markenamt löscht Ottes Marke „Neues Hambacher Fest“
Die Wortmarke „Neues Hambacher Fest“ wurde aus dem Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) gelöscht und für nichtig erklärt. Diese war von Max Ottes Unternehmen „IFVE Institut für Vermögensentwicklung“ im März 2018 zur Eintragung beim Patent- und Markenamt angemeldet und im April 2018 genehmigt und eingetragen worden. Die Stiftung Hambacher Schloss hatte im Juli 2020 die Löschung der Marke beantragt. Im Juni 2021 folgte das DPMA dem Antrag der Stiftung.
Löschung der Marke „Neues Hambacher Fest“ – Information der Öffentlichkeit und Ottes Reaktionen
Unter der Überschrift „Stiftung setzt Löschung der Marke ‚Neues Hambacher Fest‘ durch“ informierte im September 2021 die Stiftung Hambacher Schloss und das Innenministerium von Rheinland-Pfalz die Öffentlichkeit. Es heißt dort u.a.:
„Als Stiftung Hambacher Schloss empfänden wir es als anmaßend und irreführend, wenn unter dem Titel ‚Neues Hambacher Fest‘ weiter rechtspopulistische Veranstaltungen durchgeführt würden“, so Vorstandsmitglied Lewentz. „Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts bestärkt uns in unserem Bestreben, das historische Hambacher Fest von 1832 vor einer politisch motivierten Vereinnahmung zu schützen und das Hambacher Schloss als offenen, demokratischen Lern- und Veranstaltungsort weiter zu stärken.“
Pressemitteilung des Innenministeriums Rheinland-Pfalz vom 17.9.2021
Innenminister Lewentz ist zwischenzeitlich zum Vorsitzenden des Vorstandes der Stiftung Hambacher Schloss gewählt worden.
Max Ottes Reaktion ist in einer dpa-Meldung, die u.a. von der SZ oder Zeit-online übernommen wurde, nachzulesen:
Otte reagierte auf die Löschung am Freitag mit den Worten, das DPMA habe sich „um die entscheidende Frage der Freihaltebedürftigkeit [richtig Freihaltebedürfnis Anm. Hambach-Blog] der Marke ‚Neues Hambacher Fest‘ gedrückt“. „Stattdessen hat das DPMA seine eigene Prüfung und Entscheidung bei der Anmeldung der Marke revidiert und geht nun davon aus, dass der Marke die Unterscheidungskraft fehle. Offensichtlich hat der politische Druck gewirkt“ .
dpa-Meldung vom 17.9.2021 u.a. bei Zeit online publiziert
In einer E-Mail gegenüber dem Hambach-Blog ergänzt Otte seine Bewertung dieses DPMA-Beschlusses wie folgt:
Wichtig ist auch, dass uns seitens der Stiftung „Böswilligkeit“ vorgeworfen wurde, welche das DPMA ausdrücklich verneint hat.
Max Otte in einer E-Mail vom 22.9.2021 an den Hambach-Blog
Auf seinem Twitter-Kanal teilte Otte weiter mit, dass die Entscheidung des Patentamtes keinen Einfluss auf die Durchführung des Festes habe.
Das ist sicher richtig. Otte kann sein schwarz-braunes Treffen auch weiterhin „Neues Hambacher Fest“ nennen. Er kann nur diese Benennung nicht monopolisieren und andere daran hindern, ebenfalls ein Fest unter diesem Namen zu veranstalten. Dies führt in die nicht ganz einfache Materie des Markenrechtes.
Um sich ein besseres Bild von der Argumentation der Verfahrensbeteiligten und des Patentsamtes zu machen, war die Einsichtnahme in den Wortlaut der Entscheidung unerlässlich. Sowohl Otte als auch die Stiftung wollten diese nicht für eine Berichterstattung auf dem Hambach-Blog zur Verfügung stellen. Nach einigem Hin und Her übermittelte das Patent- und Markenamt schließlich – nach Zahlung einer Gebühr von 7,50 Euro – den 15-seitigen Beschluss. Und diese „Investition“ hat sich gelohnt, um Ottes Verlautbarungen einer kritischen Würdigung unterziehen zu können.
Die Markenrechtliche Auseinandersetzung um die Wortmarke „Neues Hambacher Fest“
Im Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes heißt es zusammenfassend:
Die Eintragung der Wortmarke 30 2018 007 742 wird für nichtig erklärt und gelöscht.
Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 10.6.2021
Das DPMA stützt sich dabei auf das Markengesetzes:
Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken, 1. denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
§ 8, Abs. 2, Satz 1 Markengesetz
Die für den juristischen Laien nicht einfach nachvollziehbare Argumentation lautet in etwa:
Als Unterscheidungsmerkmal einer Wortmarke reiche nicht, wenn diese nur eine Beschreibung einer Ware oder Dienstleistung darstelle. Die Allgemeinheit habe ein berechtigtes Interesse daran, dass gebräuchliche Worte der freien Verfügbarkeit nicht entzogen werden. Sie soll vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen – was die Folge einer Markeneintragung ist – bewahrt werden. Außerdem wäre die strittige Marke in der einschlägigen Öffentlichkeit nicht soweit bekannt, dass sie als Dienstleistung von Ottes Unternehmen IFVE verstanden werde.
Die Stiftung hatte sich in ihrem Antrag auf Löschung der Marke auf drei weitere „Schutzhindernisse“ nach § 8, Abs. 2 Markengesetz bezogen.
Max Otte hat ja in Reaktion auf die DPMA-Entscheidung kritisiert, dass sich diese vor der entscheidenden Frage des Freihaltebedürfnisses gedrückt habe – er spricht fälschlich von „Freihaltebedürftigkeit“.
Tatsächlich argumentiert das DPMA – vermutlich im Sinne einer Verfahrensökonomie –, dass das Argument des Freihaltebedürfnisses offen bleiben könne. Die mangelnde Unterscheidbarkeit der Zeichenfolge „Neues Hambacher Fest“ reiche aus für die Verweigerung der Markeneintragung. Das DPMA deutet aber an, dass der „inhaltsbeschreibende Gehalt der Bezeichnung“ „stark“ für ein Freihaltebedürfnis spreche. Das Markengesetz lässt Markeneintragungen nicht zu,
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.
§ 8, Abs. 2, Satz 2 Markengesetz
Mit der fortexistierenden Markeneintragung könnte Otte z.B. versuchen, die Stiftung daran zu hindern, bei der Ankündigung zum 190. Jahrestag des Hambacher Festes von 1832 im nächsten Jahr von einem „Neuen Hambacher Fest“ zu sprechen.
In Bezug auf eine Täuschungsgefahr nach § 8, Abs. 2, Satz 4 Markengesetz folgt das Patent- und Markenamt nicht der Argumentation der Stiftung. Diese hatte u.a. vorgebracht, dass Ottes Firma als Markeninhaberin nicht Veranstalterin des Hambacher Festes von 1832 gewesen sei noch in einem organisatorischen Zusammenhang mit diesem Fest stehe.
Sie versuche vielmehr mittels der angegriffenen Marke einen solchen Zusammenhang für identische bzw. ähnliche Waren/Dienstleistungen vorzutäuschen. Dies sei irreführend.
Zitiert aus dem Beschluss des DPMA von 10.6.2021
Das DPMA weist dagegen darauf hin, dass die Frage, ob Ottes Unternehmen berechtigt ist, ein „Neues Hambacher Fest“ durchzuführen, markenrechtlich irrelevant sei, weswegen die Marke auch nicht täuschen könne. Da ein weiteres Fest in der Nähe von Hambach stattfinden könne oder sogar bereits auf dem Schloss stattgefunden habe, sei es nicht in jedem Falle täuschend.
Schließlich brachte die Stiftung als Antragstellerin § 8, Abs. 2, Satz 14 des Markengesetzes in Anschlag. Darin geht es um Bösgläubigkeit – und nicht, wie Otte in der E-Mail an den Hambach-Blog fälschlicherweise schreibt, um „Böswilligkeit“. Eine Bösgläubigkeit des Markenanmelders liegt vor, wenn dieser eine Marke anmelde, die gleich oder ähnlich mit einer Bezeichnung sei, die keinen Kennzeichenschutz genieße und bereits verwendet werde, und der Markenanmelder davon wisse.
Ottes Behauptung, das Patent- und Markenamt verneine die Bösgläubigkeit (bzw. wie er schreibt „Böswilligkeit“) bei der Markeneintragung ist erneut unrichtig. Ob die Anmeldung der Marke bösgläubig erfolgt sei, so das DPMA, lasse sich nicht mit der für eine Löschung erforderlichen Sicherheit feststellen. So wendet es etwa gegen das Argument der Stiftung ein, Otte instrumentalisiere das historische Ereignis des Hambacher Festes von 1832 mit seinen Veranstaltungen unter dem Namen Neues Hambacher Fest, dass dies im markenschutzrechtlichen Zusammenhang unerheblich sei. Das DPMA habe nur die Folgen einer Markeneintragung auf den wirtschaftlichen und nicht auf den politischen Wettbewerb zu berücksichtigen.
Ist die Markenlöschung ein politischer Erfolg?
Man kann darüber streiten, ob die Löschung der Marke „Neues Hambacher Fest“ ein besonderer politischer Erfolg in der Auseinandersetzung mit Ottes Sammlungsbewegung ist. Der Beschluss des Patent- und Markenamtes hindert Otte nicht daran, weiter seine rechten Zusammenkünfte auch unter diesem Namen zu veranstalten.
Max Otte versucht aus der Niederlage mit Halbwahrheiten und Nebelkerzen noch einen kleinen Erfolg zu machen. Aber wie hat schon sein rechtsextremistischer Kollege, Markus Krall, den er schon zweimal als Redner zu seinen Treffen nach Neustadt eingeladen hat, geschrieben: „… eine Halbwahrheit [wird] nicht zur Hälfte der Wahrheit, sondern in der Regel zur Lüge“ (Die bürgerliche Revolution, S. 93).
Die Stiftung Hambacher Schloss sieht diesen juristischen Sieg im Kontext ihres Maßnahmepakets vom Mai 2021 zur Verhinderung – notfalls mit rechtlichen Mitteln – von Veranstaltungen, die dem Geiste dieses Ortes sowie der Satzung und dem Leitbild der Stiftung offen widersprechen. Diese politische Positionierung der Stiftung gegen den Missbrauch des Hambacher Festes wurde lange gefordert und ist ausdrücklich zu begrüßen.
Diese Strategie ist bereits in früheren juristischen Auseinandersetzungen nicht aufgegangen. So zog Otte im Oktober 2020 vor dem Amtsgericht Neustadt seine Klage gegen die Hambach Gesellschaft wegen offensichtlicher Erfolglosigkeit zurück. Die Hambach Gesellschaft wollte ihn nicht als Mitglied aufnehmen. Dagegen hatte er vor dem Amtsgericht geklagt. In zwei vorangegangen Verfahren 2019 und 2020 von Otte-Anhängern hatte das Amtsgericht Neustadt sowie das Landgericht Frankenthal in zweiter Instanz in gleicher Sache die Auffassung der Hambach Gesellschaft bestätigt, dass sie souverän über die Aufnahme neuer Mitglieder entscheiden dürfe.
Otte versuchte allerdings auch bei dieser Niederlage mit Halbwahrheiten den tatsächlichen Verlauf und Ausgang des Verfahrens zu vernebeln. Dagegen wehrt sich momentan die Hambach Gesellschaft mit juristischen Mittel. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass Otte auch in dieser Auseinandersetzung Schiffbruch erleiden wird.
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