Was Sie schon immer über die Stiftung Hambacher Schloss wissen wollten … (Teil 2)

Unsere Erfahrungen mit der Stiftung Hambacher Schloss

In den Diskussionen zu Max Ottes Aktivitäten auf dem Hambacher Schloss wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob denn die Stiftung Hambacher Schloss nicht deutlicher gegen den Missbrauch des Hambacher Festes von 1832 durch Max Otte und seine rechtsextremen Freunde vorgehen oder diesen sogar verhindern könnte. In einem ersten Beitrag wurde die Struktur der Stiftung, ihre Aufgaben, Finanzen und Kompetenzen aufgezeigt und auf die für externe Veranstaltungen zuständige Betriebs-GmbH und ihr Verhältnis zur Stiftung eingegangen. In diesen zweiten Beitrag zum Themenkomplex Stiftung berichten wir über unsere Erfahrungen aus den letzten drei Jahren in der Auseinandersetzung mit der Stiftung in Bezug auf Ottes Agieren auf dem Schloss .

Zu Aufbau und Aufgaben der Stiftung und der Betriebs-GmbH siehe Teil 1

Wie transparent und kommunikationsgeneigt haben wir die Stiftung erlebt?

Um es vorsichtig auszudrücken: In der Kommunikation, die wir als Freundeskreis Hambacher Fest von 1832, teilweise in Kooperation mit Partnern, mit der Geschäftsstelle und der Stiftung in den letzten drei Jahren gehabt hatten, hätten wir uns manchmal etwas größere Transparenz und Antwortbereitschaft gewünscht.

So hatte ein Mitglied des Regionalen Bündnisses gegen Rechts in Neustadt im Herbst 2018 auf Basis des Landestransparenzgesetzes von Rheinland-Pfalz bei der Geschäftsstelle der Stiftung um die Übersendung des Jahres- oder Geschäftsberichts der Stiftung gebeten und nach der Existenz des Beirats nach § 7 der Satzung gefragt – und darauf nie eine verbindliche Antwort bekommen. Als dann vom Freundeskreis im Dezember 2018 direkt an den Vorsitzenden, Minister Wolf, die gleiche Anfrage gerichtet wurde, kam immerhin postwendend eine Eingangsbestätigung und im Januar 2019 eine zunächst ablehnende Mitteilung („Aus Sicht des Ministeriums ist die Stiftung Hambacher Schloss nicht unmittelbar in den Geltungsbereich des Transparenzgesetzes einzubeziehen …“). Diese Auskunft wurde allerdings dadurch relativiert, dass dem Minister daran gelegen sei, „Ihrem Auskunftsbegehren nachzukommen. In Absprache mit der Geschäftsführerin des Hambacher Schlosses möchten wir Ihnen anbieten, Einsicht in die als Tätigkeitsbericht vorgelegten sog. Erfolgskontrollen und zusätzlich die Jahresrechnungen bzw. -abschlüsse … auf dem Hambacher Schloss zu nehmen.“ Die rechtliche Frage, ob die Stiftung wirklich nicht in den Geltungsbereich des Transparenzgesetzes fällt, ließen wir ungeklärt und haben die Chance zur Einsicht in die entsprechenden Dokumente genutzt – wobei es die Auflage gab, dass wir Details aus dieser Einsichtnahme nicht veröffentlichen dürfen. Mitgeteilt wurde in diesem Zusammenhang auch, dass ein Beirat nach § 7 der Satzung derzeit nicht bestehe.

Es ist schon erstaunlich, dass die Stiftung keine öffentlich zugänglichen Jahresberichte erstellt und etwa über die Website der Stiftung veröffentlicht, wie man das von vielen anderen ähnlichen Institutionen gewohnt ist. Damit würde die Stiftung gegenüber der Öffentlichkeit nicht nur Rechenschaft über die eingesetzten Gelder und Ressourcen ablegen, sondern könnte auch über ihre Aktivitäten berichten und damit für die Arbeit der Stiftung werben.

Im August 2019, nach Ottes zweitem sog. neuen Hambacher Fest, sprachen Mitglieder des Regionalen Bündnisses gegen Rechts in Neustadt und ein Vertreter des Freundeskreis Hambacher Fest 1832 mit Marc Weigel, OB von Neustadt in dessen Funktion als Mitglied des Stiftungsvorstandes. Die Intention dieses Gesprächs war, das Stiftungsvorstandsmitglied Weigel für die rechtsextremistischen Inhalte, die auf Ottes Veranstaltung verbreitet werden, zu sensibilisieren und ihn aufzufordern, sich im Vorstand für eine klare Distanzierung von Ottes-Veranstaltungen auf dem Schloss einzusetzen oder sogar die Möglichkeiten einer Verhinderung zu prüfen. OB Weigel sagte zu, dass er sich im Vorstand für eine Diskussion der von uns aufgeworfenen Fragen aussprechen werde. Diese Diskussion fand dann wohl am 2.12.2019 auf einer Vorstandssitzung statt. Das Angebot, dass wir gerne unser Anliegen persönlich auf der Vorstandssitzung vertreten würden, wurde leider nicht aufgegriffen. Wir hatten jedoch rechtzeitig vor der Sitzung dem Vorstand ein Papier zu den politischen Inhalten, die bei Max Otte auf den Hambach-Veranstaltungen vertreten werden, und ein Papier zu unseren Forderungen an die Stiftung übermittelt. Leider wurde nie richtig klar, was auf dieser Sitzung dazu wirklich diskutiert oder gar beschlossen wurde. Nach wiederholten Nachfragen wurde schließlich nach mehr als vier Monaten ein Brief übermittelt, in dem auf die Aktivitäten des Vorstandes in Bezug auf die „Vereinnahmung des Hambacher Schlosses durch populistische Veranstalter“ eingegangen wird. „Populistisch“ ist übrigens aus unserer Sicht eine verharmlosende Charakterisierung derjenigen, die sich in Hambach um Max Otte scharen.

U.a. wurde in diesem Brief auf einen „Offenen Brief“ des Vorstandsvorsitzenden Minister Wolf hingewiesen, den er bereits 2018 „persönlich an Max Otte“ gerichtet hatte und in dem er sich von Ottes Veranstaltung klar distanzierte. Der Brief war allerdings so „offen“, dass er weder auf der Website der Stiftung Hambacher Schloss noch auf der des Ministeriums noch sonst wo im Internet zu finden war, und es weitere zwei Monate gedauert hat, bis er bei der Stiftung wieder gefunden und uns zugeschickt wurde. Wir haben ihn zwischenzeitlich auf dem Hambach-Blog wohlwollend kommentiert und veröffentlicht.

Ein weiteres Beispiel für ein eher verschleierndes als transparentes Informationsgebaren der Stiftung betrifft die dritte Veranstaltung Max Ottes in diesem Jahr (zur Vorgeschichte siehe den Blogbeitrag Schwarzbrauner Test). Offensichtlich hatte die Betriebs-GmbH Herrn Otte bzw. seiner Kölner Firma für den 10.7. unter Beachtung der Corona-Auflagen einen Mietvertrag für den größten Saal des Schlosses, den Festsaal, gegeben. Inwieweit die Stiftung in diesen Entscheidungsprozess einbezogen war, wurde gegenüber dem Freundeskreis Hambacher Fest von 1832 nicht transparent gemacht. (Die Stiftung hat gegenüber der Betriebs-GmbH ein Vetorecht bei Veranstaltungen mit gesellschaftspolitischen Charakter, siehe Teil 1.) Die Stiftung weigerte sich sogar, die Tatsache, dass Otte am 10.7. das Schloss erneut nutzt, zu bestätigen, und Details dieser von Otte ja öffentlich beworbenen Veranstaltung bekannt zu geben (etwa die Anzahl der Teilnehmer und Ort und Dauer der Veranstaltung). Die Geschäftsführerin teilte im Auftrag des Vorsitzenden des Stiftungsvorstandes am 22.6.2020 dem „Freundeskreis Hambacher Fest 1832“ lediglich die allgemeinsten Grundsätze mit, von denen sich der Vorstand leiten ließe:

„Bezogen auf Ihre Nachfrage zur diesjährigen Veranstaltungsanfrage von Max Otte bitte ich um Ihr Verständnis, dass ich leider im Wesentlichen nur wiederholen kann, was ich Ihnen bereits mitgeteilt hatte: 

Eine Veranstaltung kann seitens des Vorstandes nur abgelehnt werden, wenn diese der freiheitlich-demokratischen Grundordnung widerspricht, da ansonsten aufgrund der öffentlich-rechtlichen Struktur der Stiftung das Gleichbehandlungsgebot gemäß Artikel 3 des Grundgesetzes mit anderen zugelassenen Veranstaltungen greift. Der Nachweis muss ggf. durch die Stiftung geführt werden; er ist nach wie vor schwierig und wird nicht in jedem Fall durch die vorgenommene Mietvertragsänderung erleichtert.

Die freie Meinungsäußerung einzelner Personen im Umfeld der Veranstaltung von 2018 wird – auch nach Auffassung unserer juristischen Berater – vor Gericht nicht ausreichen, um eine Veranstaltung auf dem Hambacher Schloss abzulehnen, so sehr sie auch politisch im Gegensatz zu den demokratischen und europäischen Ideen der Teilnehmer*innen des Hambacher Festes von 1832 und unseren heutigen demokratischen Werten und Prinzipien stehen mag.“

Die Stiftung war auch in diesem Jahr nicht willens, sich wenigstens öffentlich gegen den Missbrauch des Hambacher Festes von 1832 durch Leute, die Deutschland als Diktatur diffamieren und dagegen zum Widerstand aufrufen, auszusprechen.

Was wurde bisher erreicht in Bezug auf die Stellung der Stiftung gegenüber Max Ottes Hambach-Veranstaltung?

Natürlich muss man sich fragen, was nach gut drei Jahren „Hambach-Politik“ gegen Max Ottes Missbrauch des Hambacher Festes und durch unsere versuchte Einflussnahme auf die Stiftung erreicht wurde.

Max Otte ist vermutlich weitgehend unbeeindruckt von unseren Aktivitäten, und es gibt keinen Zweifel, dass er seine jährlichen Hambach-Treffen fortsetzen will.

Die Stiftung versteckt sich gerne, soweit sie oder einzelne Mitglieder des Vorstandes sich überhaupt äußern, hinter dem nicht auf die Otte-Veranstaltungen passenden Verwaltungsgerichtsurteil, stellt gerne die Kompetenzen der Betriebs GmbH falsch dar und postuliert, dass die Stiftung auch Meinungen aushalten müsste, die ihr selbst nicht passen (hierzu vgl. Teil 1). Über Letzteres kann man diskutieren, aber es ist klar, dass das grundgesetzlich geschützte Recht der Meinungsfreiheit nicht grenzenlos ist, und wir bei einigen Rednern, die von Otte eingeladen wurden, diese Grenze überschritten sehen. Aber es wäre ja schon viel gewonnen, wenn die Stiftung sich wenigstens öffentlich von Otte und seinen braunen Kumpanen distanzieren würde.

Aber wir sehen auch (kleine) Erfolge:

Eine zentrale Forderung 2018 war, dass die Stiftung nicht zugunsten einer Veranstaltung von Max Otte den gesamten Schlosskomplex inklusive der Ausstellung für die Öffentlichkeit schließen dürfe. 2019 und 2020 ist dies jedenfalls nicht mehr geschehen. Ob dies Zufall ist oder „Beschlusslage“ wissen wir allerdings nicht.

Ende 2018, Anfang 2019 hatten wir um Einblick in die Finanzen der Stiftung „gebeten“ und diese auch schließlich erhalten (s.o.). Zum gleichen Zeitpunkt hatten wir nach der Existenz eines Stiftungsbeirats, wie in der Satzung vorgesehen, gefragt, der damals nicht vorhanden war. Seit August 2020 gibt es wieder einen solcher Beirat (dazu mehr in Teil 1). Es wird interessant zu verfolgen sein, welche Initiativen dieser Beirat ergreift und wie diese aufgegriffen werden.

Im Oktober 2019 hatten wir in unserem „Forderungskatalog“ an den Vorstand darauf hingewiesen, dass die Dauerausstellung auf dem Hambacher Schloss einer Aktualisierung und Modernisierung bedürfe und dass die Vorbereitungen für die 200-Jahrfeier des Hambacher Festes 2032 rechtzeitig angegangen werden sollten. Am 27.5.2020, dem 188. Jahrestags des Hambacher Festes von 1832, teilt nun die Stiftung mit, dass die Aktualisierung der Ausstellung und die Vorbereitung der 200-Jahrfeier angegangen würde.

In unserem Forderungskatalog hatten wir auch eine Überarbeitung des Mietvertrags, die die Betriebs-GmbH mit externen Veranstaltern (wie Otte) abschließt, angeregt. Wir bezogen uns dabei auf einen Mustermietvertrag der Fachstelle gegen Rechtsextremismus der Landeshauptstadt München (heute Fachstelle für Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit) von 2012 „Anmietung durch Rechtsextreme“. In dem uns im Sommer 2020 zugesandten Mustermietvertrag der Betriebs-GmbH findet man nun eine Passage mit dem Inhalt (Allgemeine Mietbedingungen § 1), dass Veranstaltungen mit „sexistischen, pornographischen, extremistischen, rassistischen, beleidigenden, aufhetzenden, menschenverachtenden, verbotenen oder anderen gegen die guten Sitten verstoßenden Inhalten“ nicht zulässig sind. Man darf von solch einer Klausel nicht zu viel erwarten, aber sie zwingt die Stiftung immerhin, sich genauer mit den Inhalten von Max Ottes Hambach-Veranstaltungen zu beschäftigen und dann entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

Max Otte hatte sich bereits 2018 den Namen „Neues Hambacher Fest“ beim Deutschen Patentamt als „Marke“ schützen lassen. Wir haben gehört, dass die Stiftung dagegen Einspruch eingelegt hat.

Max Otte hat unter diesem Namen seine Veranstaltungen auch in eine Fülle von Videos auf Youtube verbreitet. Auffallend ist nun, dass bei allen Videos, die im Kontext des diesjährigen Otte-Treffens entstanden, eine Texttafel vorgeschaltet ist, die besagt, dass die „folgende Veranstaltung … in keinem Zusammenhang, auch inhaltlich, zu den Veranstaltungen der Stiftung Hambacher Schloss oder der Hambacher Schloss Betriebs GmbH“ steht. Wir vermuten, dass dieser „Disclaimer“ auf einer Intervention oder Auflage der Stiftung beruht, was nur zu begrüßen wäre.

Texttafel vor Max Ottes Youtube-Filmen vom sog neuen Hambacher Fest 2020

Zu den Erfolgen der letzten drei Jahre sind auch die Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen gegen Max Ottes Veranstaltungen 2018, 2019 und 2020 zu zählen, die kontinuierliche Berichterstattung über Ottes Aktivitäten auf dem Hambach-Blog, eine gute besuchte Informationsveranstaltung in Kooperation mit der IG-Metall in Mannheim im Dezember 2019 und die „Erklärung“ gegen Ottes 2020er Treffen auf dem Schloss, die eine breite, parteiübergreifende Unterstützung in der gesamten Region fand. Davon sicherlich nicht ganz unbeeindruckt hat der Stadtrat von Neustadt am 29.9.2020 auf seiner Sitzung auf dem Hambacher Schloss einstimmig einem Antrag des Oberbürgermeisters zugestimmt, Neustadt als Demokratiestadt zu profilieren und mit großer Mehrheit einen Antrag von SPD, Grüne und FDP beschlossen gegen die Vereinnahmung des Hambacher Schlosses durch demokratiefeindliche Kräfte und Veranstaltungen. Zu diesem Antrag gab es nur vier Gegenstimmen und eine Enthaltung. Der nächste Schritt sollte nun sein, dass sich der Stiftungsvorstand offiziell diesem Votum anschließt: „Max Otte und seine rechten Freunde sind in Neustadt und auf dem Hambacher Schloss nicht willkommen“.